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Pfälzer Saumagen, Kesselfleisch und andere Spezialitäten. Die Essgewohnheiten von Bundeskanzler Helmut Kohl – der uns neben der Wiedervereinigung leider auch ein wunderschönes aber marodes Land (Kabelfernsehen und Kupferleitungen anstatt Glasfaser) hinterlassen hat – sind legendär. Angeblich soll Kohl, immer wenn er gestresst war, auf den Knopf seiner Gegensprechanlage gedrückt haben. Am anderen Ende wusste die Sekretärin im Vorzimmer was zu tun ist und reichte einen eiskalten Würfel Butter auf einem kleinen Teller zum Chef hinein.
Der Alt-Kanzler soll dann die Füße auf den Schreibtisch gelegt haben und so lange auf der kalten Butter, wie auf einem Bonbon herumgelutscht haben, bis sich sein Cortisol-Spiegel wieder einigermaßen stabilisiert hatte. Manchmal wiederholte Kohl dieses barocke Schauspiel mehrmals am Tag.
Ob sich das alles genau so zugetragen hat, ist natürlich nicht aktenkundig. Eine schöne Geschichte ist es trotzdem. Was aber stimmt ist, dass Kohl rohe Butter aß, um sich in wichtigen Situationen, wie bei den Verhandlungen zur Euro-Einführung 1998, zu beruhigen. Beobachtet hat ihn dabei ein ebenfalls übergewichtiger ehemaliger Regierungschef:
“Kohl setzte sich und begann, Butter zu essen. Massenweise Butter. Erst einen Teller mit zehn Stückchen zu je zehn Gramm,” erinnert sich Ex-Premierminister Göran Persson. “Der war schnell weg. Dann noch einen. Erst danach beruhigte er sich langsam.”1
Bockwürstchen und Kartoffelsalat
Bedenkt man, was heute in der spießigen deutschen Politik so gegessen wird, klingt ein Stück rohe Butter, zumal kalt, doch gar nicht so schlecht. Denn als Pausensnack gibt es im Bundeskanzleramt oder im Bundestag der neuen BRD heute eigentlich immer warme Bockwürstchen, manchmal Mini-Frikadellen, inzwischen auch vegan und dazu ausnahmslos kalten Kartoffelsalat. Industrieprodukte mit viel Zucker, Salz und noch viel schlimmeren anderen Inhaltsstoffen.
Helmut Kohl ist mit seinem Lebenswandel jedenfalls stolze 87 Jahre geworden. Was für Raucher der neunmalkluge Helmut Schmidt (96 Jahre) ist, ist für leidenschaftliche Esser eben der eiserne Kanzler der Einheit. Ein Vorbild, das Leben nicht zu ernst zu nehmen.
Einzig wahre Küchenweisheit
Und jetzt kriegen wir die Kurve, denn dieser Exkurs in die Vergangenheit hat auch mit uns zu tun. “Viel Butter, viel lecker.” Gehört habe ich diese Küchenweisheit 2015 von einem alten Koch mit Schnurrbart als ich ein kurzes Praktikum im Sterne-Restaurant “Bareiss” im Schwarzwald gemacht habe.
Und ein Stückchen Butter hat wirklich noch nie geschadet. An Weihnachten habe ich heimlich ein halbes Pfund Butter im langweiligen Reh-Ragout meines Schwagers versenkt. Er dachte wirklich, er sei ein Meisterkoch. Profis wissen: Ein Steak, dass am Ende bei schwacher Hitze mit geschmolzener Butter immer wieder übergossen wurde (Berliner Gastro-Jünger sprechen von in residual heat arrosiert), schmeckt meist besser als eins, dass man nach dem braten in den Ofen geschoben hat.
Gutes Essen kann so einfach sein und so viel Freude machen. Die neuen jungen Gastronomen der Hauptstadt haben das teilweise noch nicht verstanden. Man ist noch kein Meister seiner Klasse, wenn man für 210 Euro zehn bis 36 Gänge serviert und dabei nicht eine anständige französische Soße eingekocht hat.
Immer nur Gerichte mit roter Beete und ganz ernsthaft drei Stangen hyperlokalen verkohlten Spargel vom Jakitori-Grill in Yuzu-Dashi-Brühe als Vorspeise für 24 Euro zu servieren ist inzwischen genauso freudlos wie ein Besuch im Berghain. Alle sind verkleidet und keiner lacht.
Berlin teurer als London oder Paris
Klar, in Berlin gibt es spannende neue Läden. Nur vergessen die Influencer, die die neuesten Smash-Burger ausprobieren, dass man in den hippsten Restaurants Berlins inzwischen mehr bezahlt als in London oder Paris. Und schmeckt es besser? Meistens nicht.
Die wahren kulinarischen Adressen schaffen es oft nicht auf Instagram. Chinesisches Essen muss scharf und klebrig sein. Dazu trinkt man einen süßen Riesling Kabinett aus Deutschland anstatt schlechten Naturwein aus der Garage. Und manchmal lohnt es sich dafür auch mal 12 Kilometer zu einem kleinen China-Imbiss nach Alt-Mariendorf zu fahren.
Und in Charlottenburg gibt es Italiener, deren Einrichtung ohne open kitchen concept auskommt und ein Mix aus karierten Decken, Trash und Berliner Muff ist. Wo die Spaghetti aglio e olio aber immer noch 7,90 Euro kostet und sogar besser schmeckt als die für 18 Euro in Berlin-Mitte.
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Fotos: Marcus Glahn, Jesko zu Dohna, Wikimedia Commons
https://www.derstandard.at/story/2818429/aufgedeckt-bizarre-essgewohnheiten-von-helmut-kohl